Es ist vollbracht ?

Der letzte Beitrag über das ungelöste Problem der Belastungen der gesetzlichen Rentenversicherung durch die nicht vollständig durch den Staat ausgeglichenen „Nicht beitraggedeckten Leistungen“ / „Versicherungsfremdenleistungen“ endete mit dem Satz:

„Man darf gespannt sein, wie die neue Bundesregierung dieses „Dauerthema“ behandeln und ggf. lösen wird.“

Nun liegt er vor, der Koalitionsvertrag zur kommenden Bundesregierung zwischen der „Sozialdemokratischen Partei Deutschland“ – SPD, dem „Bündnis 90/die Grünen“ und den „Freien Demokraten“ – FDP.

Unter dem Titel : „MEHR FORTSCHRITT WAGEN BÜNDNIS FÜR FREIHEIT, GERECHTIGKEIT UND NACHHALTIGKEIT“ ,

ergibt die Suche nach den relevanten Aussagen zu den Themen :

„Sozialstaat, Altersvorsorge, Grundsicherung“

„Wir werden den Sozialstaat bürgerfreundlicher, transparenter und unbürokratischer machen, und ihn auf die Lebenswirklichkeiten unserer Zeit ausrichten.
Ein Schritt zu mehr Bürgernähe ist die umfassende Digitalisierung von Leistungen. Information, Beratung, Antragstellung sowie Kommunikation und Abfragen unter den zuständigen Stellen müssen unter Wahrung des Datenschutzes digital und einfach möglich werden. Auch soll die Qualität analoger Beratung durch digitale Unterstützung verbessert werden. Wo immer möglich, sollen Leistungen, die Bürgerinnen und Bürger zustehen, automatisch ausgezahlt werden. Bürgerinnen und Bürger sollen die ihnen zustehenden Leistungen wie aus einer Hand erhalten, im Rahmen möglichst niedrigschwelliger, 73 einheitlicher Anlaufstellen vor Ort. Dazu werden wir eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe einrichten und die Sozialversicherungsträger beteiligen.
Altersvorsorge Eine gute und verlässliche Rente nach vielen Jahren Arbeit ist für die Beschäftigten wichtig. Es geht darum, sich mit eigener Arbeit eine gute eigenständige Absicherung im Alter zu schaffen. Wir werden daher die gesetzliche Rente stärken und das Mindestrentenniveau von 48 Prozent (Definition vor der kürzlich durchgeführten Statistikrevision) dauerhaft sichern. In dieser Legislaturperiode steigt der Beitragssatz nicht über 20 Prozent. Es wird keine Rentenkürzungen und keine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters geben.
Um diese Zusage generationengerecht abzusichern, werden wir zur langfristigen Stabilisierung von Rentenniveau und Rentenbeitragssatz in eine teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rentenversicherung einsteigen. Diese teilweise Kapitaldeckung soll als dauerhafter Fonds von einer unabhängigen öffentlich-rechtlichen Stelle professionell verwaltet werden und global anlegen. Dazu werden wir in einem ersten Schritt der Deutschen Rentenversicherung im Jahr 2022 aus Haushaltsmitteln einen Kapitalstock von 10 Milliarden Euro zuführen. Der kapitalgedeckte Teil der gesetzlichen Rente muss für das Kollektiv der Beitragszahler dauerhaft eigentumsgeschützt sein. Wir werden der Deutschen Rentenversicherung auch ermöglichen, ihre Reserven am Kapitalmarkt reguliert anzulegen.
Die umlagefinanzierte Rente wollen wir durch die Erwerbsbeteiligung von Frauen und älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie die erwerbsbezogene und qualifizierte Einwanderung stärken.
Wir werden den sogenannten Nachholfaktor in der Rentenberechnung rechtzeitig vor den Rentenanpassungen ab 2022 wieder aktivieren und im Rahmen der geltenden Haltelinien wirken lassen.
So stellen wir sicher, dass sich Renten und Löhne im Zuge der Coronakrise insgesamt im Gleichklang entwickeln und stärken die Generationengerechtigkeit ebenso wie die Stabilität der Beiträge in dieser Legislaturperiode.
Wir wollen Verbesserungen für Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentner im Bestand umsetzen.
Neben der gesetzlichen Rente bleiben die betriebliche wie private Altersvorsorge wichtig für ein gutes Leben im Alter. Die betriebliche Altersversorgung wollen wir stärken, unter anderem durch die Erlaubnis von Anlagemöglichkeiten mit höheren Renditen. Zusätzlich muss das mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz bereits in der vorletzten Legislaturperiode auf den Weg gebrachte Sozialpartnermodell nun umgesetzt werden. 74
Wir werden das bisherige System der privaten Altersvorsorge grundlegend reformieren. Wir werden dazu das Angebot eines öffentlich verantworteten Fonds mit einem effektiven und kostengünstigen Angebot mit Abwahlmöglichkeit prüfen. Daneben werden wir die gesetzliche Anerkennung privater Anlageprodukte mit höheren Renditen als Riester prüfen. Eine Förderung soll Anreize für untere Einkommensgruppen bieten, diese Produkte in Anspruch zu nehmen. Es gilt ein Bestandschutz für laufende Riester-Verträge. Den Sparerpauschbetrag wollen wir auf 1.000 Euro erhöhen.
Wir wollen das Rentensplitting bekannter machen, unter anderem indem die Deutsche Rentenversicherung im Rahmen der jährlichen Renteninformation auf diese Möglichkeit hinweist. Zudem sollen auch unverheiratete Paare dies nutzen dürfen.
Im Laufe der Wahlperiode werden wir die Wirkung der Grundrente evaluieren, Verbesserungsvorschläge erarbeiten, insbesondere auch zum Prüfungsaufwand bei Kapitalerträgen.
Wir setzen den geplanten Fonds aus der 19. Wahlperiode zur Abmilderung von Härtefällen aus der Ost-West-Rentenüberleitung auch für jüdische Kontingentflüchtlinge und Spätaussiedler um.
Wir wollen eine reguläre Mitgliedschaft von in Justizvollzugsanstalten arbeitenden Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten in der gesetzlichen Rentenversicherung ermöglichen und werden hierfür den Dialog mit den dafür zuständigen Ländern suchen.“

Fazit:
Diejenigen Wähler, welche wegen der Versprechungen aus den Wahlprogrammen gerade eine bestimmte Partei wählten, dürfen erstaunt sein.

A) Die stärkste Kraft innerhalb der neuen Regierung schaffte es nicht, ihre wichtigsten Ziele aus ihrem Wahlprogramm in den Koalitionsvertrag einzubringen:
1) Zentrale Grundlage dafür bleibt für uns die gesetzliche Rentenversicherung mit ihren verlässlichen Leistungen und ihrer solidarischen Finanzierung.
2) Solidarität in der Alterssicherung bedeutet für uns zudem, dass auch die Selbstständigen, Beamt*innen, freien Berufe und Mandatsträger*innen der gesetzlichen Rentenversicherung angehören. Es ist an der Zeit, die Gesamtheit der Erwerbstätigen in die Rentenversicherung aufzunehmen und die Sondersysteme auf lange Sicht zu überwinden.
3)Wir wollen eine geschlechtergerechte Rente. Unterschiedliche Arbeitszeiten und familienbedingte Tätigkeiten bei den Renten werden wir gerechter behandeln.
Langjährige Pflege von Eltern, Schwiegereltern oder anderen Familienmitgliedern dürfen sich nicht mehr negativ auf die Rente auswirken und die eigene Altersarmut bedeuten.

B) Die Grünen:
1) Um die Belastungen der Versicherten und der Arbeitgeber*innen zu begrenzen, sollen bei Bedarf die Steuerzuschüsse erhöht werden.
In einem ersten Schritt zu einer Bürgerversicherung sorgen wir dafür dass, … , und Abgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung aufgenommen werden.
2) Um Altersarmut zu verhindern, werden wir die Grundrente reparieren und zu einer echten Garantierente weiterentwickeln.

Der Koalitionsvertrag unter dem Titel „Bündnis für Freiheit und Gerechtigkeit“:

Direktversicherungsgeschädigte (dvg-ev.org) erinnern sich noch sehr gut an den Auftritt von Olaf Scholz am 24. September in Münster. Dort versicherte der designierte Kanzler vor laufender Videokamera, die „Doppelverbeitragung“ auf alle betrieblichen Direktversicherungen bei einer Regierungsbeteiligung abzuschaffen. Denn es werden seit 2004 etwa 20 Prozent (Freibetrag 164,50 Euro) bei allen Formen der betrieblichen Altersvorsorge durch nie vereinbarte Sozialabzüge gekürzt. Auch bei Verträgen, bei denen die Beiträge aus dem schon sozialverbeitragten „Netto“ bedient wurden.
Auch die FDP hatte angekündigt, dieses Unrecht abzuschaffen. Und nun kein einziges Wort darüber im neuen Koalitionspapier.

Nachholfaktor bereits ab 2022 reaktivieren
Im Ampel-Koalitionsvertrag wird zwar aufgeführt, dass das Rentenniveau von 48 Prozent dauerhaft gesichert bleiben soll, aber wer etwas genauer liest, wird erkennen, dass der sogenannte Nachholfaktor, der ursprünglich bis 2025 gedeckelt wurde, bereits ab 2022 wieder aktiviert werden soll.
Durch diese Neuberechnung fällt vermutlich die sich ursprünglich ergebene Rentenerhöhung ab 2022 geringer aus. Ist das die künftige Gerechtigkeit? Werden die Rentner wieder betrogen? Wer sprach da von Respekt?

 

Nur die von Experten und Wissenschaftlern immer wieder als nicht sinnvoll angesehene „Ergänzung“ der bewährten Umlagefinanzierung durch einen „kapitalgedeckten“ Teil, wie es massiv von der FDP und teilweise auch von den Grünen gefordert wurde, fand Einzug in den Koalitionsvertrag!

Es bleibt zu hoffen, und der Deutsche Senioren Bund fordert, dass die zur Bewilligung des Vertrages noch zu befragenden Mitglieder der Parteien und die mahnenden „Experten“ ihren Einfluss geltend machen, um schädliche Tendenzen zu verhindern und „Liegengebliebenes“ noch einzufordern.

 

 

Immer wieder aktuell:
Das österreichische Renten- (Pensions-) Modell,

aus unserer „Wissensdatenbank“

 

 

(CC) – creative commons  

Bild: pixabay – Atemberaubende kostenlose Bilder
Text: Auszug aus dem Koalitionsvertrag für die neue Regierung aus SPD, dieGrünen und der FDP

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